Zulassungen E-Autos brechen weiter ein. Ladesäulenplanung neu denken?

Die Ampel-Koalition will, dass im Jahr 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrisch betriebene Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs sein sollen. Hinzu kommen rund eine Million öffentliche Ladepunkte. Von beiden Zielen ist Deutschland aber noch weit entfernt. Die Zulassungen für E-Autos brechen zum Vorjahrsvergleich sogar weiter ein.

Zulassungen E-Autos im Jahresverlauf

Wie das Kraftfahrt-Bundesamt in seiner aktuellen Pressemitteilung bekannt gibt, wurden von Januar bis Juli 2024 – also in einem Zeitraum von 7 Monaten 214.887 E-Autos (= Fahrzeuge mit ausschließlich elektrischer Energiequelle) neu zugelassen und damit 20,1 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum. Und mit fast 37% war der Einbruch im Juli zum Vorjahresmonat noch nie so groß (vgl. nachfolgende Abbildung).

Rechnet man den Durchschnitt von rund 30.000 Neuzulassungen auf das Jahr hoch, würden in 2024 nur etwa 360.000 E-Autos neu zugelassen werden. Dies entspräche dann einem Rückgang von über 30% zum Vorjahr (524.219 Neuzulassungen in 2023) und einem Bestand von maximal 1,75 Mio. E-Autos (eher 1,65 Mio. da noch Abmeldungen den Bestand reduzieren). Das Ziel von weiteren 12,25 Mio. E-Autos in den nächsten 6 Jahren dürfte damit zur Utopie werden.

Über den schwierigen Wachstumsmarkt berichtete infas 360 bereits im Herbst 2023.

Anteil E-Autos im Gewerbe steigt weiter

Gewerbliche Steuervergünstigungen bei E-Autos und neue Nutzungskonzepte wie Car-Sharing finden sich in der Statistik wieder: Der Anteil bei den E-Autos im Gewerbe lag zum 1. Januar 2024 mit 42,3% über viermal so hoch wie bei den klassischen Antrieben Benzin & Diesel (9,7%). Von den 1.408.681 zugelassenen E-Autos waren damit 595.618 in gewerblicher Hand. Im Vorjahr lag hier der Anteil noch bei 41,4%, d.h. der Anstieg der E-Autos verschiebt sich zu Gunsten des Gewerbes oder anders: Der private Markt für E-Autos ist zwar absolut steigend – im Verhältnis aber rückläufig.

Antriebsart Bestand am 1.1.24 Privat in % Gewerblich in %
Elektro (BEV) 1.408.681 811.440 57,6 595.618 42,3

 

(vgl. Tabelle KBA, FZ 13.4 Bestand an Personenkraftwagen am 1. Januar 2024 nach Kraftstoffarten sowie nach ausgewählten Haltergruppen https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/Umwelt/umwelt_node.html )

Von Januar bis Juli 2024 wurden von den 214.887 E-Autos nur 81.902 bzw. 38,11% privat neu angemeldet.

 

Betrachtet man nun den Gesamtbestand an allen PKW, dann offenbart sich das hochfragliche Ziel: Von den rund 49 Mio. PKWs in Deutschland sind mit einem Anteil von 11,1% in Summe nur 5,717 Mio. gewerblich angemeldet (Stichtag 1. Januar 2024). In 2030 sollen etwa 30% Elektro-Autos auf deutschen Straßen fahren. Läge dann der Anteil der gewerblichen PKWs bei angenommenen 50%, dann könnte man hier von 3 Mio. E-Autos ausgehen. Weitere 12 Mio. müssten dann aus dem privaten Anteil kommen. Das wären von den 811.440 rund 11,2 Mio. Einheiten mehr bzw. eine jährliche Steigerung von 55% im privaten E-Automarkt. Das aber hieße, dass alleine in 2024 der Bestand an privaten E-Autos um rund 500.000 Einheiten auf 1,23 Mio. anwachsen müsste. Hochgerechnet werden es höchstens 140.000 sein, was einer Steigerung von nur 17,3% entspräche.

Deutliche Unterschiede in der räumlichen Verteilung

Sowohl gewerbliche als auch private Anmeldungen von E-Autos verteilen sich räumlich sehr unterschiedlich. Treiber hier sind zum einen die Firmenstandorte und zum anderen die private Haushalte mit unterschiedlichem Einkommensniveau (vgl. Feinräumige Kfz-Daten zeigen schwierigen Wachstumsmarkt E-Auto) 

infas 360 ist spezialisiert auf regionale und mikrogeographische Marktdaten. Dazu gehören auch die Daten des Kraftfahrt-Bundesamts. Seit 2019 erfolgen im Auftrag von infas 360 Sonderauswertungen durch das Bundesamt in einer Granularität von 1x1km Kacheln (vgl. nachfolgende Abbildung am Beispiel der Stadt Hamburg).

Stadt Hamburg: Anteil E-Autos zum Gesamtbestand PKW je 1x1km Kachel (Durchschnitt BRD-weit 1,86%, 1. Januar 2024)

Diese Daten werden mit weiteren Befragungsdaten und sozio-ökonomischen Daten so miteinander verknüpft, dass Dank Small Area Methoden verlässliche Schätzungen bis auf Ebene von Straßenabschnitten möglich werden. Innerstädtische Vergleiche zeigen dabei weiterhin ein klares Bild im privaten E-Auto-Markt.

Planung von Ladesäulen neu denken?

Sowohl die schwachen Absatzzahlen im privaten E-Automarkt als auch das stärkere Anteilswachstum im Gewerbe sollte einen Einfluss auf die Ladensäulenplanung haben. Sie muss sich bedarfsorientiert und damit zielgruppenabhängig gestalten. infas 360 verfügt adressgenau über umfassende Haushalts- und Gewerbeinformationen. Fragen Sie uns!

Kontakt

Senior Consultant Julia Kroth, j.kroth@infas360.de

 

 

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