Wie erfolgreich war das 9-Euro-Ticket?

Das 9-Euro-Ticket war ein Erfolg – überall in Deutschland

Neben unablässigem Sonnenschein, vielen Freibadbesuchen und hohen Temperaturen bleibt der Sommer 2022 möglicherweise vor allem wegen einer Sache in Erinnerung: Dem 9-Euro-Ticket. Das Ticket wurde im Juni, Juli und August insgesamt 52 Millionen Mal verkauft und ermöglichte Fahrten mit dem Nahverkehr im gesamten Bundesgebiet. Es sollte Haushalte in Zeiten der Inflations- und Energiekrise finanziell entlasten und hatte großen Erfolg.

In wenigen Tagen wird nun der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das „Deutschlandticket“ eingeführt. Auch wenn vorher viel um Zeitpunkt und Finanzierung gerungen wurde, die Einführung des bundesweiten Nahverkehrsticket kommt einer Revolution gleich.

Um den Mehrwert des Tickets zu bestimmen, hat infas 360 eine Analyse durchgeführt. Mittels einer Befragung wurde die Nutzung des 9-Euro-Tickets regionalisiert. Auf der Karte wird gezeigt, wie hoch der Anteil der Personen über 18 Jahren in den Kreisen und Kreisstädten war, die das Ticket mindestens einmal gekauft haben.

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Bremen, Mainz und Jena liegen beim Ticketerwerb vorne

Den ersten Platz belegt Bremen. Hier haben 91 % der Bevölkerung das Ticket mindestens einmal erworben. An zweiter Stelle folgen Mainz mit 84 % und Jena mit 82 %. Selbst in den Kreisen mit den niedrigsten Nutzungszahlen liegt der Anteil immer noch über 20 %. Auch im ländlichen Raum wurde das Ticket erworben, allerdings deutlich seltener als in den Städten und den umliegenden Regionen.
Entstanden ist die Analyse aus einer Kooperation mit dem infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft und infas 360. Hierfür hat infas 360 10.000 Personen in einer online-repräsentativen Umfrage nach dem Erwerb des Tickets gefragt. Zusätzlich fragte das Institut ca. 1000 Menschen in einer Dual-Frame-Telefonumfrage. Durch ein spezielles Gewichtungsverfahren, die Blended Calibration, wurden die Umfragen kombiniert. Das entstandene Sample wurde schließlich für die Regionalisierung verwendet.

Kleinräumige Analysen zeigen Stadtteile, in denen das Ticket besonders häufig erworben wurde

Die Ergebnisse liegen auf Adressebene vor und können für jede beliebige Ebene berechnet werden. Auf der Karte sind die Nutzungsanteile pro Stadtteil beispielhaft für Köln dargestellt.

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Wer sich in Köln ein wenig auskennt, erkennt sofort: Außer den sehr zentralen Stadtteilen nutzten besonders Personen in sozial schwächeren Stadtteilen wie Chorweiler (76,6 %), Kalk (78,9 %) und Buchforst (80 %) das Ticket. Den geringsten Nutzungsanteil unter den Kölner Stadtteilen hat dagegen Hahnwald (49,9 %). Hahnwald ist vor allem als Villenviertel bekannt und sticht durch eine deutlich überdurchschnittliche Kaufkraft heraus.

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Das Ticket ermöglichte soziale Teilhabe

Diese Ergebnisse stützen die Aussage einer Studie der Fachhochschule Erfurt, dass das 9-Euro-Ticket die soziale Teilhabe von Menschen mit geringem Einkommen stärkte. Mikrogeographische Daten helfen hier, diesen Zusammenhang auch kleinräumig zu betrachten. In entsprechend benachteiligten Stadtteilen könnten beispielsweise Pilotprojekte zu Sozialtickets ausgerollt werden.

Die Anbindung an den ÖPNV ist auch in der Stadt nicht immer gegeben

Die Attraktivität des Tickets steigt natürlich, wenn man überhaupt die Möglichkeit hat, dieses zu nutzen. Fahren kein Bus und keine Bahn in der Nähe, so sind auch 9 Euro für ein ÖPNV-Ticket zu teuer. Noch entscheidender wird dieser Faktor bei dem Deutschlandticket. Der deutlich höhere Preis von 49 statt 9 Euro und das geplante Abo-Modell dürften zu einer intensiveren Abwägung zwischen Kosten und Nutzen führen.
Um abzubilden, wie gut die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr im jeweiligen Stadtteil ist, wird der ÖPNV-Index herangezogen. Der ÖPNV-Index gibt auf einer Skala von 1 bis 100 an, wie gut der jeweilige Stadtteil an den Nahverkehr angebunden ist.

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Auch hier sind deutliche Zusammenhänge zwischen den Nutzungsanteilen und dem Index zu erkennen. Erneut fällt Hahnwald als Stadtteil auf. In diesem Fall, weil Hahnwald im Vergleich zu den meisten anderen Kölner Stadtteilen deutlich schlechter an den Nahverkehr angebunden ist.

Vergleicht man die beiden Karten zu ÖPNV-Index und Kaufkraft miteinander, erkennt man ebenfalls, dass in Stadtteilen mit besserer Anbindung auch mehr Menschen das Ticket gekauft haben. Im Umkehrschluss hieße das, dass ein Ausbau der Nahverkehrs-Infrastruktur auch zur Attraktivität von Angeboten, wie dem 9-Euro-Ticket oder dessen Nachfolger beitragen würde.

Die Einführung des Deutschlandtickets steht kurz bevor

Ab Mai wird nun das Deutschlandticket eingeführt. Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Yougov haben schon 10 % das Ticket erworben. Für viele Pendler und Pendlerinnen wird es zu einer deutlichen Kosteneinsparung führen. Ob das Ticket aber zur Verbesserung der sozialen Teilhabe unterer Einkommensklassen beiträgt, den öffentlichen Nahverkehr zum Kollaps bringt oder Menschen zur Abkehr vom Auto bewegt, bleibt abzuwarten.

Sie haben Fragen zur Studie, zu den Daten oder wünschen sich weitere Auswertungen zum 9-Euro-Ticket oder haben Sie Interesse an der Regionalisierung einer anderen Variable? Dann kontaktieren Sie unser Consulting-Team unter consulting@infas360.de.

 

 

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